Profi Tip

Stellen Sie den Fokus bzw. Fokusbereich vorab manuell ein

Bei einer vielzahl von modernen DSLR Kameras können Sie zum Beispiel die Schärfespeicherung und die Belichtung einer Taste auf der Rückseite der Kamera zuweisen. Sie planen Ihr Motiv und wissen bereits, auf welcher Entfernung Sie fotografieren werden? Dann ist diese Methode perfekt geeignet. Sie können die Rückwärtstaste gedrückt halten, bis Sie bereit sind, die Aufnahme zu machen, oder Sie können das Objektiv auf manuelle Scharfstellung drehen (auf eine Schärfenzone), während Sie die Taste gedrückt halten. Dann können Sie die Taste loslassen und wissen, dass der Fokus sich nicht verändert. Vergessen Sie nicht, den Autofokus am Objektiv wieder einzuschalten, wenn Sie fertig sind, sonst sind alle Ihre nachfolgenden Aufnahmen unscharf. Es sei denn, Sie haben Gefallen daan gefunden ohne Autofokus, manuell, zu fotografieren – meine Lieblingseinstellung. Ich fotografiere 100% mit manuellem Fokus.

Falls Sie sich jedoch noch nicht zutrauen komplett manuell zu fotografieren, bieten moderne Kameras eine Matrix von Fokuspunkten. Sie sind ein großes Verkaufsargument. Aber sie sind nicht sehr nützlich für die Streetphotography. Ich würde empfehlen, sie alle auszuschalten, bis auf den mittleren Fokuspunkt, mit dem man vorfokussiert. Mir gefällt die Idee nicht, dass die Kamera entscheidet, worauf man scharf stellt.

Nehmen wir an, Sie gehen eine Straße in London entlang und sehen einen Schwung von Objekten, die sich an das Gebäude zu Ihrer Rechten lehnen. Sie wissen, dass Sie sich umdrehen und ihnen ins Gesicht sehen, wenn Sie ein Foto machen, und dann weitergehen. Der Abstand zwischen Ihnen und jedem Gebäude direkt rechts von Ihnen ist also gleich. Sie fokussieren auf ein Gebäude zu Ihrer Rechten, bevor Sie bei Ihren Motiven ankommen, und fixieren diesen Fokus. Wenn Sie sich nun Ihren Motiven nähern, drehen Sie sich nach rechts und machen Ihre Aufnahme, ohne dass Sie fokussieren müssen.

Männer sitzen auf einer Brücke und essen.
Olympus OMD 24mm 1/100 f11.0 ISO 200

Nehmen Sie einen Freund mit auf Ihre Fototour

Diese Technik reicht weit in die Geschichte der Streetphotography zurück. Ich nutze diese Technik zum Beispiel oft, wenn ich Menschen direkt fotografiere und möchte, dass sie direkt in die Linse schauen. Gerne stelle ich auch jemanden auf eine überfüllte Straße und tue so, als würde ich meinen Freund oder Freundin fotografieren. Selbstverständlich bewege ich anschließend die Kamera so, dass ich nicht meinen Freund sondern entweder die Menschen hinter ihr/ihm oder neben ihm/ihr fotografiere.

Das ist zum Einen aufregend und auch sehr interessant. Sie können auch gerne ein Smartphone nehmen und so tun, als ob Sie ein Selfie schießen. Dieser Selfie Trick funktioniert auch mit eiener „richtigen“ Kamera! Wichtig ist hier, dass Sie deb LCD Bildschirm ausschalten! Anschließend drehen Sie die Kamera zu sich herüber und schießen ein paar Bilder (hier bitte wirklich auf den Auslöser drücken). Danach drehen Sie die Kamera zu der Person um und geben vor, dass Sie sich Ihre Fotos anschauen. In dem Augenblick fotografieren Sie natürlich die Person. Am besten funktioniert das, wenn Ihre Kamera über eine Touch-Funktion verfügt oder Sie den Fokus bereits manuell eingestellt haben. Das ist die Königsdisziplin, aber mit Übund, werden Sie es meistern. Probieren Sie es einfach mal aus.

Die unten gezeigten Fotos sind alle mit dieser Technik entstanden.

Man looks into the camera in the metro.
Smartphone 1/160 f5.6 ISO 6400
Man sits in a cafe.
Olympus OMD 24mm 1/125 f5.6 ISO 6400
Homeless Kids posing on the street.
Olympus OMD 24mm 1/100 f6.3 ISO 200

Extreme oder vermeintlich schwierige Locations

Die U-Bahn oder die Metro ist ein weiterer beliebter Schauplatz für Streetphotographer. Wenn ich in Istanbul bin, versuche ich immer stets überall mit der Metro hinzufahren. Warum? Weil die U-Bahn oder die Metro eine Art Fundbüro für viele spektakuläre Motive ist. Überall auf der Welt!

An meinem Ojektiv stelle ich den Schärfenbereich manell ein und setze mich wartend hin oder stelel mich einfach in eine Ecke. Für meine Aufnahmen nutze ich eine sehr kleine Olympus OMD mit 24mm Objektiv (Kleinbild equvivalent) und meist auch einen Fernauslöser (mit Kabel). Mittlerweile kann ich die Abstände zu meinen Objekten sehr gut abschätzen (dazu stelle ich mir meine Schritte vor) und habe zwei kleine Markierungen am Objektiv angebracht.

So weiß ich bereits im Voraus, in welcher Entfernung ich zu meinem Motiv stehe. Wenn man auf der gleichen U-Bahn-Linie fotografiert, haben die Züge immer die gleichen Abmessungen. Wenn man meist manuell fokussiert, kennt man die Entfernung zwischen verschiedenen Punkten.

Obwohl die U-Bahn ein schwieriger Ort zum Fotografieren ist, hat sie einen Vorteil: Sie ist laut. Es gibt immer genug Lärm, um das Klicken des Auslösers zu übertönen. Ich habe schon tausende von Fotos in der U-Bahn mit der Kamera vor Augen gemacht, ohne dass ich irgendwelche Probleme hatte, außer dem gelegentlichen bösen Blick. Bevor die Kamera zum Auge gehoben wird, sollte sie jedoch bereits scharf eingestellt sein. Diese Regel gilt für die meisten Straßenaufnahmen.

Sie können auf Ihr Motiv fokussieren, wenn es nicht hinschaut, das Kameraobjektiv auf manuell einstellen und auf „den Moment“ warten und auslösen. Ob in einem Zug oder an einem anderen Ort, die einfachste Zeit für Aufnahmen ist, wenn es eine Ablenkung gibt und die gibt es in der Metro zu genüge!

Ein weiteres modernes Phänomen, das dem Streetphotographer das Leben leichter macht: Jeder, ob auf der Straße oder in der U-Bahn, wird bereits durch irgend etwas abgelenkt. Früh morgens sind noch alle sehr müde und haben meist ihre Augen geschlossen oder bereiten sich bereits mental auf den anstrengenden Alltag im Job vor und haben keine Zeit sich um Sie zu kümmern. Abends ist es ähnlich. Viele Pendler sind müde von Ihrer Arbeit und wollen nur noch schnell nach Hause zu ihrer Familie oder Freunden. Hier können Sie sich respektvoll „austoben“. Aber übertreiben Sie es nicht.

People in a Metro
Olympus OMD 24mm 1/125 f5.6 ISO 2500
Old Lady in a Metro
Olympus OMD 24mm 1/125 f5.6 ISO 1600
Young Couple in a metro looking into the camera. Smiling
Olympus OMD 24mm 1/160 f8 ISO 6400

Auf die Verschlusszeiten kommt es an

 

In der Regel sollte bei Aufnahmen aus der Hand die Verschlusszeit gleich der Brennweite des Objektivs sein. Wenn Sie mit einem 30-mm-Objektiv fotografieren, sollte Ihre Verschlusszeit mindestens 1/30 Sekunde betragen. Wenn Sie mit einem 90mm-Objektiv fotografieren, sollte Ihre Verschlusszeit mindestens 1/90stel Sekunde betragen, um Verwacklungen zu vermeiden.

Einige Fotografen können eine Kamera mit einem 30mm-Objektiv in der Hand in 1/15stel Sekunde halten und einige werden Schwierigkeiten haben, die Kamera selbst in 1/30stel Sekunde mit einem 30mm-Objektiv ruhig genug zu halten. Dies ist also nur eine Empfehlung. Eine Spiegelreflexkamera vibriert mit dem Schlagen des Rückspiegels mehr als eine Point and Shoot Kamera, die keinen Spiegel hat. Viele digitale Spiegelreflexkameras verfügen jetzt über einen „Live-Modus“, bei dem der Spiegelschlag keine Rolle mehr spielt. Sie müssen also experimentieren, um herauszufinden, welche Kombination aus Objektiv und Verschlusszeit ein Verwackeln der Kamera bei Ihrem Setup verhindert.

Aber denken Sie bitte daran, Verwackeln ist nicht dasselbe wie Bewegungsunschärfe. Selbst wenn Ihre Kamera auf einem Stativ mit Spiegelvorauslösung und einem Kabelauslöser steht, haben Sie, wenn die Bewegung des Motivs zu schnell für Ihre Verschlusszeit ist, einen vollkommen verwacklungsfreien Hintergrund (keine Verwacklung) mit einem verwackelten (Bewegungsunschärfe) Motiv.

Digitale Spiegelreflexkameras haben in der Regel folgende Einstellungen: P (Programmmodus), AV (Blendenmodus), TV (Verschlusszeitenmodus) und M (manueller Modus). Sie haben auch eine Reihe von Symbolen, die andere Situationen wie den Aktionsmodus, den Porträtmodus oder den Nachtmodus darstellen. Verwenden Sie diese nicht. Auch hier möchten Sie (erfahrungsgemäß) nicht, dass die Kamera Entscheidungen für Sie trifft.

Aber es ist praktisch, Ihre AV- und TV-Modi so einzustellen, dass Sie mit dem Drehen des Rades die Blenden- oder Verschlusszeiten-Priorität einstellen können. Wenn es ein sonniger Tag ist und Sie zu Fuß unterwegs sind und erwarten, dass Sie Bilder von anderen Personen aufnehmen, die zu Fuß unterwegs sind, können Sie im TV-Modus arbeiten, wobei der Verschluss auf einen Bereich zwischen 1/500stel bis 1/1000stel Sekunde eingestellt ist. Dies setzt voraus, dass Sie ein relativ lichtstarkes Objektiv verwenden und dass Sie mit einer ASA von mindestens 800 fotografieren können. Ich fotografiere zum Beispiel lieber im Modus M, stelle die Blende und den Verschluss manuell ein. Die ISO lasse ich dann von der Camera automatisch verändern, je nach Lichtsituation. Damit habe ich die volle Kontrolle über mein Motiv. Selbstverständlich funktioniert das nicht bei allen Situationen, aber beim Großteil ca. 80 Prozent ist es der Fall.

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie sehen eine interessante Situation, die sich vor Ihnen abspielt. Ihre Kamera ist auf eine Verschlusspriorität von 1/400stel eingestellt. Jetzt müssen Sie nur noch die Entfernung zum Motiv „vorausahnen“, die Sie zum Zeitpunkt der Aufnahme haben werden. Richten Sie Ihre Kamera auf den Bürgersteig und fokussieren Sie schon einmal genau auf jene Entfernung und fixieren Sie den Fokus. Jetzt sind Sie vorbereitet.

Da Sie sich bereits im voraus entschieden haben, ob sie quer oder hochkant fotografieren, brauchen Sie in der richtigen Sekunde nur noch die Kamera ans Auge nehmen und auf den Auslöser drücken. Dann schauen Sie einmal in den Himmel und fotografieren auch diesen – beiläufig und gehen einfach weiter. Keiner wird etwas merken. Sie schauen sich auch nicht mehr um.

Im Folgenden sehen sie Motive, die ich genau mit dieser Technik geschossen habe.

Zwei Männer unterhalten sich auf der Straße vor einem Geschäft.
Olympus OMD 24mm 1/160 f5.6 ISO 2000
Auf der Straße parken Motorroller. Ein Mann sitzt auf einem der Roller und schaut die Straße hinab.
Olympus OMD 24mm 1/160 f5.6 ISO 4000
Fußballfans laufen auf dem Taksimplatz
Smartphone 1/1100 f1.8 ISO 25

Welche Kamera ist die Beste für Streetphotography?

Das werde ich immer wieder gefragt oder „welche Kamera benutzt du eigentlich?“. Die beste Kamera gibt es nicht. Es gibt lediglich einige Kameras, die sich eher eignen und einige nicht.

Eine gute Kamera für Streetphotography sollte folgende Eigenschaften haben: ein leiser Verschluss, austauschbare Objektive, lichtstarke und hochwertige Objektive (F-Stop von F2.0 oder niedriger), keine Auslöseverzögerung, RAW-Aufnahmemodus, die Fähigkeit, auch in dunklen Orten gut zu fokussieren, brauchbare hohe ISO, ein guter Sucher und leicht genug, um sie überall hin mitzunehmen.

Ich kenne keine digitale Point and Shoot Kamera, die all diese Kriterien erfüllt. Eine spiegellose Systemkamera wird alle oder die meisten dieser Eigenschaften erfüllen. Die Olympus OMD zum Beispiel ist nicht schwerer als eine Leica M, aber die lichtstarken Objektive sind austauschbar. Die High-End Point and Shoot, bekannt als Digicam, hat einige dieser Eigenschaften, aber sie hat keine austauschbaren Objektive.

Für Streetphotography empfehle ich eine Systemkamera, aber auch das ist meine rein persönliche Meinung. Ich bin mit Mittelformat und professionellen Canon Systemen vertraut, weshalb ich mir hier einen guten Überblick verschaffen konnte.

Also, lassen Sie uns zur Sache kommen. Egal welche Digitalkamera Sie verwenden, schalten Sie alle Pieptöne der Kamera aus. Schalten Sie auch die sofortige Wiedergabe auf dem LCD aus. Machen Sie einige Tests, um herauszufinden, dass Sie die höchste ISO verwenden können, ohne zu viel digitales Rauschen zu erhalten. Auch hier sind spiegellose am besten geeignet. Moderne Kameras können eine ISO von bis zu 6400 (vielleicht sogar mehr) verwenden, ohne viel digitales Rauschen im Bild zu erzeugen. Die meisten Digitalkameras zeigen und fotografieren mit ca. 200 ISO rauschfreie Bilder. Ja, mir ist bewusst, dass die Hersteller mit noch höheren ISO Werten werben, aber vertrauen Sie mir. Wenn Sie Menschen im dunkeln fotografieren und evtl. sogar später Ausschnitte nehmen, weil Sie mit der Zone-Focusing Methode fotografiert haben, dann werden Sie höhere ISO Werte als 6400 nicht sonderlich gebrauchen können.

Die meisten Kameras basieren auf einer tic-tac-toe Matrix von Fokuspunkten. Lassen Sie den Mittelpunkt eingeschaltet und schalten Sie die anderen Fokuspunkte aus.

Für eine Digitalkamera mit einem gecroppten Sensor ist ein 30mm F1.4 ein gutes Rundum-Objektiv. Sigma ist ein ausgezeichnetes Objektiv, aber denken Sie daran, dass das Sigma f1.4 30mm nicht mit einem Vollbildsensor funktioniert). Wenn Sie einen vollformatigen Sensor verwenden, dann ist ein 24mm f1.4 Objektiv in Kombination mit einem 50mm f1.4 eine ausgezeichnete Kombination. Es ist sehr wichtig, ein Objektiv zu haben, das Ihnen eine gute Qualität bei F1.4 bietet. Und nur weil sich ein Objektiv auf F1.4 öffnet, heißt das nicht, dass es bei dieser Blende gut ist, also wählen Sie dieses Objektiv sorgfältig aus. Die meiste Zeit werden Sie jedoch bei ziemlich geschlossener Blende fotografieren. Denn bei der Streetphotographie geht es um Tiefe und Details im Bild. Der Betrachter möchte eine interessante Szenerie sehen und nach Möglichkeit bei jedem neuen Betrachten etwas neues interessantes auf dem Bild entdecken.

Die ISO begrenzen Sie bitte auf max. 6400, wenn es geht, damit die Kamera nicht willkürlich höhere ISO Werte nimmt und die Bilder später stark verrauschen. Außerdem sollten Sie niemals einen Objektivdeckel nutzen. Sie sollten immer einen UV-Filter auf dem Objektiv haben, der das Objektiv schützt und eine schnelle Aufnahme erleichtert.

Ein alter Mann geht eine steile Straße hinauf und zieht einen Koffer hinter sich her.
Olympus OMD 24mm 1/125 f11 ISO 3200
Ein Fotograf steht im Regen und wartet auf Kundschaft
Olympus OMD 24mm 1/125 f5.6 ISO 100